Lesezeit 17 Min
Kultur

Beim Spiel muss man sich reinwerfen, alles wagen

Wenn Nora von Waldstätten eine Hippie-Frau spielt, trinkt sie vorher Yogi-Tee und hört Bob Dylan. Und wenn alles vorbei ist, kocht sie und sieht Serien. Ein Gespräch über ihre Rolle in "Die dunkle Seite des Mondes", berühmte Vorfahren und das perfekte Wiener Schnitzel

By Manfred Werner - Tsui (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
von
Petra Ahne
und
Anja Reich
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Kultur

Kurz bevor das Interview beginnt, läuft eine kleine, zierliche Person in einer weiten Jacke durch die Lobby des Hyatt-Hotels am Potsdamer Platz: Nora von Waldstätten, 34 Jahre alt, in Wien geboren, seit zwölf Jahren in Berlin lebend, eine der besten deutschsprachigen Schauspielerinnen unserer Zeit. Niemand dreht sich nach ihr um, niemand erkennt sie. Sie scheint zu diesen Menschen zu gehören, die beides können: sich in der Öffentlichkeit verstecken und vor der Kamera so präsent sein, dass man sie nicht mehr vergisst.

"Die dunkle Seite des Mondes" heißt Ihr neuer Film. Der Titel ist ja eigentlich ein Zitat von Mark Twain.

Stimmt! Im Zuge der Recherche habe ich davon gelesen. Ich habe ihn aber erst mal ganz selbstverständlich mit Pink Floyd verbunden: The Dark Side of the Moon. Mark Twain hat gesagt: "Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt." Das ist ein spannender Gedanke, weil man die Rückseite des Mondes ja tatsächlich nie sieht. Es sei denn, man ist Astronaut.

Aber stimmt es auch? Ist es tatsächlich so, dass jeder eine dunkle Seite hat?

Ich glaube, dass jeder in seinem Leben immer wieder damit konfrontiert ist, mal neidisch, geizig, egoistisch oder einfach mal "eng" zu sein. Die Frage ist nur, wie geht man damit um? Stellt man sich dem und sagt: Ok, das ginge auch anders. Humor und Selbstironie sind da total wichtig. So kommt man aus seiner emotionalen Sturheit wieder raus und ist wieder frei, neue Wege zu denken.

So richtig dunkel klingt das jetzt aber nicht. Im Vergleich zumindest zu der Figur, die Moritz Bleibtreu im Film spielt: ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt, der von einer Frau zu einem Trip mit halluzinogenen Pilzen verführt wird und danach seine Persönlichkeit verändert. In einer Szene wird er von einem Auto überholt und beschleunigt mit, er kann nicht anders, er will nicht verlieren, und dann kommt es zum Unfall.

Die ist krass, die Szene, schon im Buch von Martin Suter. Auch die Szene, wie er Lucilles geliebte Katze tötet. Weil das so aus dem Kalten passiert. Bei der Premiere in Zürich ging ein Aufschrei durchs Kino.

Die Figur, die Sie spielen, ist das Gegenteil: eine Hippie…

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09.01.2016