Alles offen
Nach dem Scheitern von Jamaika hat Angela Merkel einen Moment gebraucht, um sich aufzurappeln. Jetzt ist sie wieder im Kanzlerinnen-Modus. Kann sein, dass sie gerade vieles zum letzten Mal macht
Abidjan/Berlin. Manchmal ist die Macht einfach zu haben. In der Elfenbeinküste etwa, im Luxushotel von Abidjan mit Blick auf eine Lagune und die Wolkenkratzer der Innenstadt. Ein sehr langer Pool liegt ausgestreckt vor den Fensterfronten. Der Bau aus den Sechzigerjahren ist von nüchterner Protzigkeit. Angela Merkel sitzt darin in einem kleinen fensterlosen Konferenzraum, gläserner Lüster, sehr warm und nur drei Ecken. Sie empfängt Präsidenten, im 20-Minuten-Takt, eigentlich fehlt an der Tür nur der Automat zum Nummernziehen. Stattdessen gibt es Begrüßungsküsschen für die Staatschefs von Tunesien, Senegal, Ghana, Nigeria.
Sitzt hier die Macht, in einem Dreieckszimmer? Sie hängt auf jeden Fall gegenüber der Tür. "Le Pouvoir" - "Die Macht" - heißt das Gemälde in einem Holzrahmen. Es ist zu haben für 650 000 zentralafrikanische Francs, so steht es auf einem kleinen Zettel daneben. 1 000 Euro also. Eine Leinwand mit gemalten Halbkreisen und Ecken, in Rot, Gelb, Grün, Blau, Schwarz. Keine geschlossene Struktur und alles ziemlich abstrakt.
Merkel blickt um die Ecke aus der Tür. Der nigerianische Präsident kommt mit seinem Gefolge. Er trägt einen langes, graues Gewand und eine passende runde Kappe. "Sie haben die Wahl gewonnen", sagt Muhammadu Buhari. "Jetzt müssen wir eine Regierung bilden", antwortet Merkel. Eine neue Regierung in Deutschland ist etwas sehr Abstraktes zur Zeit, schwarz, rot, gelb, grün, blau - alles vertreten, Halbkreise,…