Lesezeit 7 Min
Geschichte

1988 – das Jahr davor

Scheinbare Ruhe, mittlere Stürme: Die DDR zwischen Perestroika-Hoffnung, Sputnik-Verbot und Chip-Illusion

By O [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons
von
Maritta Tkalec
Lesezeit 7 Min
Geschichte

Lenin schrieb 1919 in seinem Werk "Die große Initiative" einen hellsichtigen Satz: "Die Arbeitsproduktivität ist in letzter Instanz das Allerwichtigste, das Ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesellschaftsordnung." Heute liest er sich wie die Ankündigung des Untergangs der DDR.

Im Jahr 1988, dem letzten vollen Lebensjahr des "ersten sozialistischen Staates auf deutschen Boden", lag die Arbeitsproduktivität dort bei etwa 20 bis 25 Prozent des Westniveaus. Der Arbeitsaufwand für die Herstellung vergleichbarer Produkte war in der DDR um ein Mehrfaches höher. Die Staats - und Parteiführung versuchte das durch Tricks und Kniffe, auch durch längere Arbeitszeiten, zu kompensieren. Vergeblich. Wobei schon der Begriff "Staats- und Parteiführung" auf den zentralen Konstruktionsfehler verwies: das Regieren aus einer Partei heraus mit eindeutiger ideologischer Ausrichtung. Man könnte sagen: der nahezu vollständig durchgesetzte Primat der Politik.

1988 musste den Verantwortlichen die Lage klar sein, doch die meisten gaben sich Illusionen hin. War nicht alles ruhig? Oder konnte man die Zeichen der Eruptionen des folgenden Umbruchjahres erkennen. Jedenfalls waren alle Elemente für 1989 bereits vorhanden.

Das Jahr hatte für die DDR-Spitze schlecht angefangen: Am 10. Januar war Jürgen Sparwasser in den Westen "abgehauen" - ausgerechnet der Fußballer der Nationalmannschaft, der das Siegtor im einzigen Spiel gegen die bundesdeutsche Nationalmannschaft…

Jetzt weiterlesen für 0,44 €
02.01.2018