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Kultur

Das erste Genie der Moderne

Vor 100 Jahren starb der französische Komponist Claude Debussy. Viele seiner Klavier- und Orchesterwerke sind Klassiker geworden.

Nadar [Public domain], via Wikimedia Commons
von
Wolfram Goertz
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Paris Sie mochten ihn, aber sie verstanden ihn nicht. Was war das für seltsame Musik, die er fabrizierte? Eine Komposition, die er der Pariser Académie des Beaux-Arts vorlegte (die sein Stipendium finanzierte), wurde sanft lächelnd abgelehnt: „Monsieur Debussy scheint von dem Wunsch besessen, etwas Bizarres, Unverständliches, Unaufführbares zu schaffen.“ Debussy – dies ein Muster seiner Karriere – fühlte sich unverstanden, tauchte ab, und der Abschlussfeier der Absolventen blieb er fern. Ein Skandal.

Fremdling und Visionär zwischen den Zeiten: So könnte man Debussys Position beschreiben. Schon früh hatte er die Dreiklänge der Harmonielehre und deren festes Bezugssystem als überholt empfunden, er strebte nach der inneren Freiheit der Töne, nach neuen Ordnungen. Seit Langem fühlte er sich wie ein Gefangener, der die Gitterstäbe des Bewährten aus den Fenstern, durch die er in die Welt schauen wollte, herausreißen wollte. Dabei sollte gar nichts Schweres, Sperriges hindurch, im Gegenteil: Debussy verstand Musik als Gestalt gewordene Luft, als zu Klang verdichtetes Licht. Seine Musik beschreibt oft Nebel, Schleier, Dämmerungen, was manchen vermuten ließ, es handele sich um Musik des Vagen, Ungefähren, wenig Konkreten. Tatsächlich war Debussy eher an Stimmungen als an Dingen interessiert. Die Winde jenseits der Materie – sie waren seine Lieblinge.

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23.03.2018