Lesezeit 13 Min
Kultur

Sieben Kirchen auf einen Streich

Es ist eine uralte Wallfahrt: 20 Kilometer zu Fuß zu den sieben Pilgerkirchen Roms. Zu den Gräbern von Petrus und Paulus, zu Splittern von Kreuz und Krippe und auf Knien über die Treppe, die Jesus zu Pilatus führte. MERIAN-Autor Oliver Fischer hat sich auf den Weg gemacht

GERALD HÄNEL
von
Oliver Fischer
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Kultur

Es tue nicht weh, hatte der junge Niederländer gesagt. Zumindest nicht sehr. Und falls doch: Es gehe ja darum, den Leidensweg des Herrn nachzuempfinden – ein kleines bisschen Schmerz gehöre dazu.

Tatsächlich tut es ekelhaft weh. Ich arbeite mich auf Knien eine Treppe hinauf, wobei die Knie nicht das Hauptproblem sind. Sondern die Schienbeine, an denen jedes Mal, wenn ich von einer Stufe auf die nächste rutsche, ein äußerst fieser Schmerz entsteht. Dass ich gerade auf der Heiligen Treppe an der LATERANBASILIKA bin, die der Überlieferung nach zum Palast des Pontius Pilatus gehörte und über die Jesus Christus selbst gelaufen sein soll, hilft mir im Moment nicht weiter.

Ich würde die Sache gerne schnell hinter mich bringen. Doch die Leute vor mir verharren minutenlang betend auf jeder Stufe, und mir ist nicht ganz klar, ob es erlaubt ist, auf einer heiligen Treppe zu überholen. Schnell zähle ich die Stufen durch – erst sechs von 28 habe ich geschafft.

Es wäre alles einfacher, wenn ich nicht schon seit dem frühen Morgen kilometerweit durch die Stadt gewandert wäre. Ich bin dabei, eine uralte Wallfahrtstrecke abzugehen, den Weg zu den sieben Pilgerkirchen Roms. Sie gehören zu den ältesten Kirchen der Stadt, meist schon erbaut unter der Herrschaft von Konstantin, dem ersten christlichen Kaiser. Die Wallfahrt zu ihnen ist eine Reise in die Welt des frühen Christentums, zu den Grabstätten von Aposteln und Märtyrern – ein Weg, den Gläubige schon vor 1600 Jahren gegangen sind.

Während ich weiter auf der sechsten Stufe knie, denke ich daran zurück, wie mein Pilgertag gut acht Stunden zuvor begann: kurz nach halb neun am Morgen am PETERSDOM, dem traditionellen Startpunkt der Wallfahrt. Ich bin unten in…

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Nr. 5/2015