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Kultur

Unter Leuten

Juli Zeh schreibt, und sie engagiert sich politisch. Für ihren Einsatz für die Demokratie bekommt die Schriftstellerin jetzt das Bundesverdienstkreuz. Ehre oder Last? Eine Freude, sagt sie. Und erklärt während einer Zugfahrt, woher die Politik-Verachtung in Deutschland kommt

BERLINER ZEITUNG / PAULUS PONIZAK
von
Sabine Rennefanz
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Kultur

Juli Zeh hat vorgeschlagen, dass das Interview im Zug stattfindet. Sie muss nach Frankfurt am Main, da kann man die Fahrzeit gut nutzen. Sie ist gut organisiert. Jedes Jahr bringt sie ein neues Buch auf den Markt, 2016 erschien ihr Provinzroman "Unterleuten", im vergangenen Jahr kam der Polit-Thriller "Leere Herzen" heraus, im kommenden Herbst erscheint schon wieder ein neues Werk. Dazu kommen Talkshow-Auftritte, Interviews, Lesungen. Außerdem hat sie zwei kleine Kinder, drei und sechs Jahre alt.

Kurz bevor sich die Türen des ICE 548 schließen und der Zug aus dem Bahnhof Spandau herausrollt, springt die Schriftstellerin hinein, einen Rollkoffer hinter sich ziehend. Sie kommt aus dem Havelland, dort wohnt sie mit Mann und Kindern auf dem Dorf. Sie trägt Jeansrock, Stiefel, Lederjacke, hat ein braun gebranntes Gesicht und einen festen Händedruck. Der Zug ist voll, auch das Erste-Klasse-Abteil. Sie schaut sich um. Es gibt nur noch zwei freie Plätze, gegenüberliegend an einem Tisch. Sie setzt sich hin und schaut die Reporterin neugierig an.

Es wird oft darüber gestritten, ob man ein guter Schriftsteller sein kann, wenn man sich auch politisch engagiert. Juli Zeh, 43, hat sich entschieden. Sie legte 2008 Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen den biometrischen Reisepass ein, nach der NSA-Affäre schrieb sie einen offenen Brief an die Kanzlerin, sie gehörte zu den Initiatoren der Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union. Nur zum Rechtsruck…

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22.05.2018