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Geschichte

Die Gegenwart auch dieser Vergangenheit

Der Rückblick auf den Terrorismus der RAF und den Kampf gegen ihn könnte uns helfen, besser zu verstehen, was heute geschieht

Ken Fielding/http://www.flickr.com/photos/kenfielding [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
von
Arno Widmann
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Geschichte

Auch unter Journalisten erfreuen sich Gedenktage nicht gerade großer Beliebtheit. Sie wiederholen sich, und selten werden passend zum Jubiläum neue Entdeckungen gemacht. So lauten die häufigsten Einwände. Sie sind meist berechtigt. Der Hauptgrund aber ist, glaube ich: Sie rauben den Tagesereignissen, und sei es nur dem Hunger auf Neues, die Aufmerksamkeit. Das, so heißt es, sei fatal, denn die Gegenwart können wir ändern. Die Vergangenheit dagegen bleibe wie sie war. Der Blick auf die unveränderliche Vergangenheit bestärkt, so die Befürchtung, unser Gefühl der Ohnmacht, statt uns Mut zu machen, lässt er uns unsere Hilflosigkeit noch stärker spüren. Auch das stimmt.

Aber genau das ist das Gute an Gedenktagen. Wir erinnern uns an Situationen, Konstellationen, wir lassen sie uns erklären von Historikern und Zeitzeugen, und unwillkürlich platzieren wir sie in unsere Gegenwart. Mal naiv, mal sehr bewusst. Wir nutzen die Vergangenheit wie der Röntgenologe ein Kontrastmittel. Wir geben sie ein, um unsere Gegenwart genauer zu verstehen. Und noch etwas: Die Vergangenheit ist anders als unsere Gegenwart. Diese Einsicht macht uns Mut oder Angst, jedenfalls aber gibt sie uns die Gewissheit, dass unsere Gegenwart nicht unsere Zukunft sein wird. Gleichzeitig wissen wir, dass die Gegenwart sich nicht in allem von der Vergangenheit unterscheidet. Wir begreifen, dass wir sehr genau hinschauen müssen. Oft genauer als wir können.

Gedenktage sind eine ganz besondere Art,…

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02.09.2017