Lesezeit 8 Min
Verbrechen

Alles geschluckt

Anja D. ist unheilbar krank, leidet viele Jahre lang unter furchtbaren Schmerzen. Als die Berlinerin beschließt zu sterben, hilft ihr Hausarzt ihr dabei, verschreibt starke Schlaftabletten. Nun steht er vor Gericht. Hätte er sie retten müssen, als er sie bewusstlos in ihrem Bett liegend vorfand?

StockSnap / pixabay.com
von
Katrin Bischoff
Lesezeit 8 Min
Verbrechen

Berlin. Um 12.32 Uhr verschickt Anja D. ihr letztes Lebenszeichen. "Danke dir, alles geschluckt", schreibt sie ihrem Hausarzt, bei dem sie seit dreizehn Jahren in Behandlung ist, in einer Telefonnachricht. Eineinhalb Stunden später öffnet der Mediziner Christoph T. die Tür zur Wohnung von Anja D. in Berlin-Zehlendorf. Seine Patientin hatte ihm für diesen Fall ihren Schlüssel überlassen.

Der Arzt hatte mit der SMS gerechnet, sie war vereinbart. Er findet die Frau in ihrem Bett in tiefer Bewusstlosigkeit. Auf dem Nachttisch liegen neben leeren Tablettenschachteln drei Abschiedsbriefe: einer an die Mutter, einer an den Sohn, einer an die Freundin. Anja D. schluckte 90 bis 150 Tabletten eines starken Schlafmittels mit dem Wirkstoff Phenobarbital. Das Medikament ist rezeptpflichtig.

Der Hausarzt von Anja D. verlässt die Wohnung in Zehlendorf wieder - ohne Hilfe zu holen. Am nächsten Tag schaut er wieder nach seiner Patientin. Jeweils morgens, mittags und abends, ebenso am darauffolgenden Tag. Als sich die gelernte Arzthelferin in einem präfinalen Zustand, also kurz vor ihrem Tod befindet, ruft der Arzt die Mutter, den Sohn und die Freundin seiner sterbenden Patientin an. Er erklärt ihnen, was passiert ist, bittet, die Frau sterben zu lassen und nicht die Feuerwehr zu alarmieren. So sei es der Wunsch von Anja D. gewesen. Mutter, Sohn und Freundin halten sich daran.

Tief komatös

Am dritten Tag nach der Einnahme der…

Jetzt weiterlesen für 0,45 €
12.02.2018